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Beamtendeutsch II: Kriegsdienstverweigerer

Herrlich, wenn man in alten Unterlagen herum wühlt und Korrespondenzen zur Verweigerung des Kriegsdienstes mit dem Bundesamt für Zivildienst Anno 1999 wiederfindet:

Kriegsdienstverweigerer

… auf Ihren Antrag vom xx.xx.1999, festzustellen, daß Sie zur Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe berechtigt sind, ergeht folgender Bescheid:

Sie sind berechtigt, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern.

Großartiges Beamtendeutsch. Selbst die Vogonen bekommen das nicht besser hin…

Paintball – Krieg

Neulich waren wir Paintball spielen und es war eine interessante Erfahrung. Man schießt mit Farbkugeln, die aufplatzen, wenn man getroffen wird – man bekommt tolle Blutergüsse davon. Das Gewehr heißt nicht Gewehr, sondern Markierer – wie als wenn man Büroarbeit zu erledigen hätte. Die Halle, in der wir „gespielt“ haben, hatte einen coolen Eingangsbereich mit jungen Leuten, die die Musik laut aufgerissen haben. Die Spieler vor uns sahen verdammt professionell aus: Masken, Schusswesten und Kapuzen.

Es gab zwei Gruppen. Eine Gruppe stand auf der einen Seite der Halle, die andere auf der anderen. Dazwischen aufgepumpte Hindernisse und Deckungen. Eine Frauen-Computer-Stimme zählte einen Counter herunter. 3… 2… 1… und dann ging’s los. Die Farbkugeln flogen durch die Halle, einige platzten, andere fielen nach ihrem Aufschlag einfach zu Boden. Wenn jemand getroffen wurde, hob er/sie seine/ihre Hand und war aus dem Spiel.

Mit der Gasmaske auf der ToiletteIn diesem Moment hatte ich bereits die Lust auf das Paintball verloren, denn für mich war es wie Krieg nur im spielerischen Kontext. Klar, auch ich habe früher Cowboy und Indianer gespielt, aber Paintball ist um einiges näher dran. Ich bin halt doch ein sehr überzeugter Zivildienstleistender gewesen.

Beim ersten Paintball-Spiel hatte ich ein wirklich mulmiges Gefühl. Schließlich wusste man nicht, wie doll die Kugeln weh tun. Man wusste nicht, wie sich das Spiel entwickeln wird. Halten sich die anderen daran, dass man aus dem Spiel ist, wenn man die Hand hebt oder schießen markieren sie dich einfach weiter. Gleich im ersten Spiel bekam ich eine Kugel direkt auf den Finger – laut Paintball-Instructor einer der schmerzhaftesten Treffer.

Im zerstörten AutoDie Spiele waren für mich immer sehr schnell zu Ende. Kaum war ich zur ersten Deckung gerannt, bekam ich einen Treffer: Arm, Oberschenkel, direkt auf der Schutzmaske, Finger und Rücken. Ganz großes Kino ist es auch, wenn dich eine ganze Salve erwischt. Du bist getroffen, hebst den Arm und begibst dich aus der Deckung, wirst aber weiter getroffen, weil der Schütze einfach mal auf Verdacht 50 Kugeln in deine Richtung abgefeuert hat.

ScherzkeksDer wohl mit Abstand gemeinste Treffer beim Paintball ist der auf die Maske direkt vor deinem Mund. Da Paintball extrem anstrengend ist (in der Maske bekommt man natürlich auch kaum Luft), ist man die ganze Zeit am Keuchen. Vor dem Mund befinden sich Schlitze in der Maske und dadurch gelangt die Farbe der geplatzten Kugel direkt in deinen offenen Mund.. Und nein, die Farbe schmeckt alles andere als gut.

Ich habe mich immer gefragt, wie es ist, unter Beschuss zu sein. Wie ist es? Hat man eine Chance? Kommt es wirklich auf die „militärische Ausbildung“ an? Oder ist es schlicht und ergreifend Glück, ob man getroffen wird oder nicht? Kann man sich so gut decken und dabei die Gegner auf Abstand halten, dass man nicht getroffen wird?

Scheisshaus WW1Nach dieser Erfahrung beim Paintball spielen, ist meine Einschätzung, dass eine solche Situation überhaupt nicht zu meistern ist. Sicherlich werden Dummköpfe schneller getroffen, aber wenn der Befehl kommt, dass du ein MG-Nest erstürmen sollst, kannst du noch so gut trainiert sein, du gehst trotzdem drauf. Du guckst einmal kurz aus der Deckung und du wirst erwischt. Wenn du aber nicht aus der Deckung heraus deinen „Feind“ angreifst oder einfach nur beobachtest, kannst du überrannt werden. Alles in allem ist es ziemlich wahrscheinlich, dass du dabei drauf gehst.
Warum wird Paintball eigentlich nicht bei der Bundeswehr als Simulation eingesetzt?

BTW: Ich finde die Bilder absolut grandios. Sie zeigen deutsche Soldaten im ersten Weltkrieg. Welch ein Humor in Angesicht dieser beschissenen Situationen. Sie konnten keinen Arm heben, wenn sie getroffen wurden. Auf sie hat man nicht mit Farbkugeln geschossen. Sie konnten nicht das Spielfeld verlassen, wenn sie aus der Puste waren.
Zum flickr Photostream von drakegoodman

Gefallene Soldaten aus Seedorf

Als ich heute morgen erstmals die Meldung im Radio gehört hatte, war ich wirklich geschockt. Natürlich kommt es vor, dass Soldaten in ihren Einsätzen fallen, natürlich kommt es vor, dass auch deutsche Soldaten in Kampfeinsätzen fallen und natürlich kann es auch vorkommen, dass Soldaten, die im Landkreis Rotenburg stationiert sind im Afghanistan-Krieg fallen. Aber was mich erschüttert, ist, wie damit umgegangen wird. Klar, Politiker sind erschüttert und trauern. Dennoch hat es in der deutschen Politik eine ganz langsame, aber stetige Entwicklung dahin gegeben, die Bundeswehr in internationalen Krisengebieten einzusetzen. Das fing mit dem Kosovo-Einsatz an und findet ihren aktuellen Höhepunkt im Afghanistan-Einsatz.

Auf mich macht die deutsche Politik den Eindruck als würde man über die möglichen Folgen für die Soldaten überhaupt nicht mehr nachdenken. Stattdessen sieht man deutsche Soldaten rund um die Erde verteilt, die angeblich am Hindukusch oder irgendwo am Kap der guten Hoffnung ihr Leben für deutsche Interessen riskieren. Natürlich ist das ihr Job, natürlich wissen sie vom Risiko, aber ist der Einsatz wirklich im Interesse der Deutschen? Wollen wir, dass junge Menschen, die ihr Leben eigentlich noch vor sich haben, sterben? Oder psychisch labil wieder in die Heimat zurückkehren, weil sie mit den Bildern, die sie dort gesehen haben, nicht zurecht kommen? Wollen wir, dass Angehörige, Frauen, Kinder, Eltern, Geschwister und Freunde zurück bleiben? Also wenn ich nur mal ganz rational das gegenüberstelle, was durch solche Militäreinsätze gewonnen und verloren wird, bin ich ganz klar gegen diese Einsätze. Und wenn ich mich dann noch an das berühmte Zitat des Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt erinnere

Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen.

sehe ich diesen Grundsatz deutscher Politik schon jetzt zunehmend verwässert und verletzt.

Leider sieht sich Deutschland mehr und mehr in der Rolle der Weltpolizei. Dass die Polizei aber immer erst gerufen wird, wenn schon etwas Schlimmes passiert ist, wird gerne vergessen.

Würde man sich präventiv am wirtschaftlichen Aufbau der Krisengebiete beteiligen, wäre solch ein unblutiger Einsatz sicherlich erfolgversprechender als dann einzuschreiten, wenn es schon zu spät ist.

Krieg und Gewalt lösen keine Probleme. Sie erschaffen neue!

Frohe Ostern wünscht
der Freakcommander