Bettler und Schnorrer werden in letzter Zeit immer dreister. Da sitze ich im Metronom auf der Fahrt nach Hamburg, höre schön Musik und plötzlich steht einer neben mir und guckt mich an. Ich nicke, weil ich denke, er will den Platz neben mir. Er ist mit dem Nicken aber wohl nicht zufrieden, so nehme ich meine Kopfhörer ab und formuliere meinen Gedankengang nochmal aus: „Häää?!?!?“ Er: „Könnten Sie mir 1 EUR geben, ich brauche das Geld für eine Übernachtung in der Herberge…“ Ich gebe ihm das Geld, nicht weil er so dreist ist, sondern weil ich am Bahnhof Rotenburg zufällig ein Gespräch zwischen ihm und einem Schaffner mitbekommen habe, wo er nachfragte bis wohin die Hausordnung des Bahnhofes gelte. Also ein gewisses Rechtsbewusstsein ist bei ihm vorhanden, ob man ihm jetzt glaubt, dass das Geld für die Herberge ist oder es ihm nicht glaubt.
Und heute stehe ich an der S-Bahn Station in Othmarschen und eine ältere Frau kommt auf mich zu, ob ich 80 Cent für sie hätte, will sie wissen. Ich lüge sie an und sage, ich hätte kein Geld dabei. 80 Cent ist aber auch ein verdammt blöder Betrag und man ist geneigt zu fragen, ob sie Wechselgeld rausgibt.
In der S-Bahn sitzt eine hübsche, dunkelhaarige, junge Frau mir gegenüber und spielt mit ihrer Haarspange. Einen Moment lang passt sie nicht auf, die Haarspange fliegt in meine Richtung und trifft mich an meinem Bauch – kleine Lügen werden also sofort bestraft. Trotzdem witzig, denn sie bekommt sich nicht mehr ein und lacht mit rotem Kopf bis Altona.