Das Parfum – Der Film

Gestern habe ich es auch endlich geschafft ins Kino zu gehen… Eine wirklich objektive Meinung zu dem Film kann ich leider nicht abgeben, weil ich ja das Buch gelesen habe. Und selten ist es wohl so, dass derjenige, der ein Buch gelesen hat und dann den Film sieht, sagt „Wow, welch ein genialer Film! Scheiß Buch!

Keine Frage, der Film ist gut besetzt (mal abgesehen davon, dass offensichtlich Rothaarige es dem Casting-Typen angetan haben). Auch die Bildsprache empfand ich nicht so schlecht, wie es der Neanderthaler nach dem Film dargestellt hat.
Aber: Es fehlte dem Film etwas! Die Orgie in Grasse ist sicherlich die zentrale Szene im Buch und im Film, die in beiden Darstellungen überraschend kommt. Im Buch allerdings kommt die Szene folgerichtig, also natürlich rüber. Im Film ist dies überhaupt nicht gelungen. Sie wirkt kitschig.
Vielleicht liegt es aber auch an dem entscheidenden Vorteil eines Buches, dass es der eigenen Vorstellung Freiraum lässt…

Interessant empfand ich bei dieser Szene die Reaktionen aus dem Publikum: Es wurde gekichert und ablenkende Gespräche gesucht… Möglicherweise ist diese Szene auch nichts für’s Kino, sondern eher für einen gemütlichen Bücherabend vorm Kamin.

Ein Gedanke zu „Das Parfum – Der Film

  1. Ich finde, dass Sie mit Ihrer gemäßigten Kritik von „Das Parfum“ richtig liegen.

    Wenn zwei Profi-Besprechungen interessieren sollten, empfehle ich die folgenden, eine negativ, eine positiv. Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht
    Ekki

    Zusatzmaterialien: Filmkritik: Das Parfum

    Ein großes Nasentheater
    Tom Tykwer hat Patrick Süskinds Bestseller »Das Parfum« verfilmt. Eine eigene Bilderwelt hat er aber nicht zu bieten. Von Katja Nicodemus
    Jetzt ist er also in der Welt. Drei Jahre Arbeit und 60 Millionen Euro hat der Film verschlungen, gedreht in Barcelona, München und der Provence, besetzt mit Dustin Hoffman und Alan Rickman, entstanden nach einem Roman, der sich weltweit 15 Millionen Mal verkauft hat. Für unser kleines bescheidenes Kinoländchen ist Das Parfum ein ziemlich dicker Flakon. Nun ist die Verfilmung eines Buches, in dessen Zentrum etwas Unsichtbares, nämlich der Geruchssinn steht, nicht eben einfach. Patrick Süskinds Parfum war so erfolgreich, weil es sich forsch durch das Gekröse des 18. Jahrhunderts wühlt und von der erstaunlichen Wahrnehmungswelt eines jungen Mannes erzählt, der mit einer hoch sensiblen Nase gesegnet oder auch geschlagen ist. Sein Held Jean-Baptiste Grenouille, der auf dem Boden des Pariser Fischmarktes, »dem allerstinkendsten Ort von Frankreich«, geboren wurde und von dort auszieht, die Welt mit betörenden Düften zu überziehen, ist ein olfaktorisches Genie, das seine Umwelt in Moleküle zerlegt und noch die winzigsten Aromen und Essenzen wittert. Grenouille entpuppt sich als Geruchs-Junkie, süchtig nach Jungfrauenausdünstungen, die er, der von niemandem geliebt wird, zum ultimativen Parfum, zur größten Liebesdroge aller Zeiten, verarbeiten will. Die Wirkung dieser Substanz, für die Grenouille zwei Dutzend Schönheiten um die Ecke bringt, muss man sich ungefähr wie eine Mischung aus Patschuli, Viagra und Ecstasy vorstellen. In der Kinoadaption ist von dieser Wundermischung allerdings wenig zu spüren: Der Held des Romans »sieht« mit der Nase. Im Film sehen wir immerzu die Nase des Helden. Tom Tykwer und der Kameramann Frank Griebe geben sich alle Mühe, dieses Organ, das zu dem jungen, durchaus talentierten Schauspieler Ben Whishaw gehört, abwechslungsreich zu filmen. Im Mondschein und bei Kerzenschimmer, mit angespannten und mit zitternden Nasenflügeln, die Luft genießerisch oder auch erstaunt einsaugend, über einem ölgefüllten Röhrchen schwebend und an den schneeweißen Brüsten einer Jungfrau schnuppernd. Nach der siebenundzwanzigsten Großaufnahme hat man fast ein wenig Mitleid mit Whishaw, der zu ewig gleichen Himmelschören immer wieder aufs Neue die Nüstern beben lässt. Aber was hat dieses Nasentheater mit der pathologischen Sinnes- und Gefühlswelt von Grenouille zu tun? Ist er nicht ein grauenvoller Experimentator, ein Frankenstein der Düfte, besessen von der Idee eines aus Frauenleichen destillierten Gesamtgeruchskunstwerks? Tykwer und sein Produzent Bernd Eichinger setzen viel daran, ihre Bilder nicht vom perversen Innenleben dieses Helden infizieren zu lassen. Auf ihrer Leinwand sieht das Paris des 18. Jahrhunderts aus, als werde es immerzu von denselben drei Kerzen angeleuchtet. Alles dämmert in einem produktionstechnisch sicherlich recht praktischen, bräunlich-konturlosen Licht dahin, das von den nächtlichen Gassen mühelos in die Kellerräume einer Parfümerie übergeht. Im etwas angewelkten Etablissement des maître parfumeur Giuseppe Baldini lernt Grenouille sein Handwerk. Dustin Hofman, der sich im Alter zunehmend rampensäuisch am eigenen Spiel erfreut, verleiht dieser Nebenfigur mit rot geschminkten Bäckchen und weiß gepudertem Teint etwas Clowneskes, ja Charlie-Rivel-haftes. Nachdem er alles Parfumwissen aus seinem Meister herausgesaugt hat, zieht Grenouille weiter südlich, nach Grasse, in die französische Hauptstadt der Geruchsfabrikation, wo das Licht etwas heller leuchten darf. Hier – schließlich handelt es sich um einen Betriebsausflug des deutschen Kinos – biegt plötzlich Corinna Harfouch als Manufakturchefin im Miederkleid um die Ecke. Fast hätte man ihr vom Kinosessel aus zugewinkt. So hangelt sich der Film an den Stationen des Romans entlang, während hin und wieder alte Bekannte auftauchen. Und so schicksalsschwer der Tykwer-typische Herzschlag-Beat pocht, so athletisch sich die Kamera in Kreisfahrten und Reißschwenks übt, bleibt die Versinnbildlichung des Riechens doch recht banal. Immer wieder rast Tykwer über Stock und Stein zu jüngferlichen Nacken oder zoomt sich an ein kopulierendes Paar heran. Das Parfum ist das Werk eines beflissenen Illustrators, der den Roman nicht als Pforte zur eigenen Vorstellungswelt zu nutzen weiß. Natürlich gibt es kein Rezept für eine Parfum-Verfilmung. Martin Scorsese und Steven Spielberg sollen sich für den Stoff interessiert, Süskind sogar von Stanley Kubrick geträumt haben. Es hätte eine große Kitschoper, eine düstere Leichenfledderer-Geschichte, ein brutaler Serienkiller-Film werden können. Umso seltsamer, dass Eichinger und Tykwer mit viel Aufwand ein derart biederes Werk hergestellt haben, einen Film, der schon beim Verlassen des Kinos auf ein paar Naseneinstellungen im Kostümmuseum zusammenschrumpft. Er habe einen Regisseur mit Visionen gesucht, sagte der Produzent Bernd Eichinger zu seiner Wahl. Tom Tykwer mag Fantasie und Begeisterung, Ideen und Visionen versprühen, sein Problem ist aber, dass ihm dafür schlichtweg die Bilder fehlen. Er ist der Maler, der, mit allen Farben und Pinseln ausgerüstet, vor seiner Staffelei steht, der, das Motiv vor Augen, von der Überhöhung träumt und am Ende doch wieder beim Malen nach Zahlen landet. In manchen Einstellungen des Films ist diese Diskrepanz zwischen Großausdrucksanspruch und tatsächlichem Bild fast schmerzlich spürbar. Etwa wenn Jean-Baptiste Grenouille vor einer riesigen Menschenmenge für seine Morde hingerichtet werden soll. Mit Hilfe des Jungfrauen-Parfums gelingt es ihm, die Situation zu wenden. Unter dem Einfluss des Duftes verwandeln sich die blutrünstigen Bürger von Grasse in sexuell befreite Früh-Hippies, reißen sich die Kleider vom Leib und sinken zu einer kollektiven Gruppensex-Orgie zu Boden. Wahrscheinlich hatte Tykwer ein großes Menschentableau vor Augen, eine Komposition der exaltierten Körper. Zu sehen ist aber nur ein großes Statistengewühle, über dem der unerotische Geist eines Grünen-Parteitages schwebt, einschließlich eines Rezzo-Schlauch-Doppelgängers in der Rolle eines enthemmten Bischofs
    © DIE ZEIT, 24.08.2006 Nr. 35 © Zeit online

    Rezension Patrick Wellinski: [die Rezension hat keine Überschrift, E.M.]
    Es war sein Lebenstraum. Bernd Eichinger, seines Zeichens Deutschlands erfolgreichster Film- und Fernsehproduzent, hatte schon vor 20 Jahren versucht, die Rechte an Patrick Süskinds Erfolgsroman „Das Parfum“ zu erwerben. Das Erstlingswerk des medienscheuen Autors ist nach Erich Maria Remarques „Im Westen Nichts Neues“ der erfolgreichste in deutscher Sprache verfasste Roman der Nachkriegszeit. Mehr als 15 Millionen verkaufte Exemplare, des in 45 Sprachen übersetzten Werkes, das schrie schon kurz nach dem Erscheinen 1985 nach einer Leinwandfassung. Im Jahr 2000 bekam Eichinger dann endlich die Zusage von Süskind, der sich bis dahin nicht überzeugen lassen wollte. […]
    Vor dem Mut der Macher muss man den Hut ziehen. Denn schon mit dem Inhalt der Vorlage wird ein gewaltiges Realisierungsproblem deutlich, dem man sich erstmal stellen muss: Wie schafft man es, eine Geschichte ins Kino zu bringen, die vorrangig in der Welt der Gerüche und Düfte spielt? Umso mehr mussten das Team um Eichinger und Co. ihre Kreativität spielen lassen, und die erfreuliche Nachricht ist: Es ist ihnen im Großen und Ganzen gelungen.
    Es fängt mit der äußeren Aufmachung des Films an. Tykwer hat kein lächerliches und überkandideltes Kostümfilmchen gedreht. Das ist ihm sehr hoch anzurechnen. Er ergötzt sich nicht an den Prachtbauten und der Kleiderordnung dieser Epoche, was nur unnötig Zeit stehlen würde und die Geschichte um keinen Deut vorantreibt. Viel mehr begeben wir uns in die stinkenden, dreckigen und versifften Straßen von Paris oder Grasse. Die Menschen haben (wenn überhaupt) verfaulte Zähne, sie laufen in zerrissenen schmutzigen Kleidern durch die Stadt und müssen oft verdorbenes oder verfaultes Fleisch essen. Mit diesen Aufnahmen gelingt es dem „Parfum erstaunlicherweise, die Eindrücke so lebendig zu machen, dass man sich auch ohne das Geruchsempfinden genug ekelt, um sich effektvoll in diese Welt einfühlen zu können.
    So wird dank den sehr dichten Kamerabildern eine dunkle, bedrohliche Atmosphäre erschaffen, die nicht zugunsten billiger und aufgesetzter Schockmomente verkauft wird, sondern durch ihre subtile tiefgründige Spannung ein Gefühl des Unwohlseins im Betrachter auslöst; eine Angst oder besser eine Ahnung, die sich zu Beginn des Films im Kopf einnistest und sich während der gesamten Laufzeit nicht wieder legen mag. Eine solch dauerhafte emotionale Wirkung gelingt Blockbustern so gut wie nie.
    Bravourös ist auch die dezente und nie aufdringliche Hintergrundmusik, für die Regisseur und Co-Autor Tykwer mit ein paar Freunden selbst sorgte. Ohne die aufdringliche Dominanz zum Beispiel eines Hans Zimmer-Soundtracks („Fluch der Karibik“ u.a.) dient die Musik als gelungene artistische Untermalung für die schattige Ästhetik des Films, für den viele Szenen nur bei Kerzenschein gedreht wurden. Dadurch schafft Tykwer in seinen Bildkompositionen immer wieder dunkle und unscheinbare Räume, in denen die Protagonisten oft nur schemenhaft zu sehen sind.
    Tykwer versteht es meisterhaft, den Duft oder den Geruch, der im Plot immer allgegenwärtig ist (ob nun in einer Parfumerie oder in den schier endlos erscheinenden Lavendelfeldern Südfrankreichs), nicht nur visuell erlebbar zu machen. Manchmal sind es auch perfekt inszenierte Kleinigkeiten, wie ein mit Parfum beträufeltes Tuch, das kraftvoll in die Luft geschlagen wird und wie durch eine unsichtbare Hand die ganze Leinwand durchquert. Tykwer nutzt hier geschickt die Methode der Assoziation, vergleichbar etwa mit der Darstellung des Ringes in der „Herr der Ringe“-Trilogie. Wie der Ring bei Peter Jackson quasi ein Eigenleben verspüren ließ, so wird unter Tykwer der Geruch der Düfte allgegenwärtig und dadurch auch „spürbar“. Die ihm oft attestierte visionäre Kraft stellt der Regisseur hier ein weiteres Mal eindrucksvoll unter Beweis.
    Die Großproduktion ist auch in die kleinste Nebenrolle hervorragend besetzt. Neben einigen vornehmlich von deutschen Schauspielerinnen besetzten weiblichen Rollen (z.B. Jessica Schwarz und Corinna Harfouch) brillieren vor allem zwei große Männer des Darstellerkinos. Zum einen der den meisten Kinogängern als Severus Snape aus der „Harry Potter“-Reihe bekannte Alan Rickman, der hier den reichen Kaufmann Antoine Richis verkörpert, dessen Tochter Laura zum begehrtesten Objekt von Grenouilles mörderischer Jagd wird; als einziger ebenbürtiger Gegner nimmt er den Kampf gegen Jean Baptiste auf. Zum anderen Hollywoodveteran Dustin Hoffman als italienischer Parfumeur Giuseppe Baldini, bei dem Grenouille sein Handwerk lernt. Dabei entwickelt sich ein ähnlich intensives Machtspiel zwischen den beiden wie einst zwischen Salieri und Mozart in „Amadeus“. Außerdem besitzen beide (Rickman als auch Hoffman) eine hervorstechende und auffällige Nase, was perfekt die Essenz des Films unterstreicht.
    Einzig und allein der Hauptdarsteller Ben Whishaw bleibt ein Fragezeichen. Der bis dato eher auf Theaterbühnen agierende 26-jährige Engländer kann leider nicht völlig überzeugen. Seine schmächtige Statur und sein nettes Gesicht können nicht immer die akute Gefahr ausdrücken, die von einem Mörder ausgehen soll. Zu oft versteckt er sich hinter einem nichts sagenden Blick.
    Whishaw scheitert hier aber nicht an mangelndem Talent, er muss sich einem grundsätzlichen Problem geschlagen geben, welches schon in der Romanadaption lauert: Die Geschichte über den Mörder Grenouille wird im Buch ausdrücklich passiv

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