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Einfluss des File Sharings auf die Musikindustrie

Ich saß gestern in der Vorlesung Medienmanagement. Ein Fach, welches ich sehr interessant finde. So wurde gestern der Frage nachgegangen, welch einen Einfluss das File Sharing auf die Musikindustrie hat. Generell gibt es diesbezüglich in der Literatur 2 Theorien:

  1. Das File Sharing ist böse, weil ein illegal heruntergeladenes Lied nicht gekauft wird
  2. Das File Sharing hat einen positiven Effekt, da das File Sharing dazu führt, dass man sich mit Musik auseinander setzt. Man weiß, welche Musik einem gefällt und deswegen gibt man im Endeffekt mehr für Musik, Merchandise und Konzerttickets aus

Welch einen Einfluss die Piraterie wirklich auf die Musikindustrie hat, wird nach wie vor kontrovers diskutiert und ist nicht endgültig geklärt.

Als Beispiel für eine solche Studie haben wir uns mit „The Effect of Digital Sharing Technologies on Music Markets: A Survival Analysis of Albums on Ranking Charts“ beschäftigt. Ich will euch nicht mit Statistiken, Instrumentenschätzer und einer Schätzung mit 2-Stage-Least-Square langweilen, aber dennoch kurz vorstellen, wie die Wissenschaftler vorgegangen sind und welches Ergebnis sie gefunden haben:

  • Die Wissenschaftler haben sich die Chartsdaten vor Mitte 1998 anguckt und nach Mitte 2000 (in der Zwischenzeit ist Napster an den Start gegangen, MP3s wurden immer beliebter etc.)
  • Anstatt den Absatz von CDs als Erfolgsindikator zu nehmen, haben die Wissenschaftler die Platzierung in den Charts genommen
  • Dabei wurde folgendes festgestellt:
    • Die Überlebensdauer in den Charts hat sich insbesondere für niedrig platzierte Alben reduziert
    • Alben von Superstars werden weniger geshared
    • Weniger beliebte Alben (geringe Debut-Position) werden durch File-sharing stärker getroffen als Top-Alben
    • Für Top-Alben (hohe Debut-Position) kann kein signifikanter Einfluss des File-sharing festgestellt werden

Irgendwie kommen mir die Ableitungen spanisch vor.. Ok, die Daten besagen, dass hoch platzierte Alben nach wie vor lange in den Charts bleiben, während Alben, die beispielsweise auf Platz 90 einsteigen, jetzt deutlich schneller wieder aus den Charts verschwinden.

Daraus aber abzuleiten, dass Alben von Superstars weniger geshared werden und dass unbekannte Interpreten durch File Sharing härter getroffen werden, halte ich für äußerst fraglich und aufgrund des Erfolgsmaß „Platzierung in den Charts“ auch überhaupt nicht für beweisbar.

Meine Theorie

für die beobachteten Daten ist folgende:
File Sharing betrifft alle Alben, besonders die der Superstars. Da aber der Musikmarkt ein Starmarkt ist (also einige wenige Stars dominieren den Markt, während die kleinen sich mit dem „mickrigen Rest“ gegnügen müssen), schlägt sich das höhere File Sharing-Volumen bei Super Stars nicht auf deren Platzierung bzw. Überlebensdauer in den Charts nieder.
Um zu erklären, weswegen die Alben auf den niedrigen Plätzen schneller wieder aus den Charts verschwinden, muss man in Betracht ziehen, dass man seit MP3, Napster etc. immer weniger verkaufte Alben braucht, um überhaupt in den Charts zu landen. Das bedeutet aus meiner Sicht, dass die Abstände der Verkaufszahlen zwischen den niedrigen Platzierungen enger geworden sind und deswegen die Alben mit niedriger Platzierung schneller aus den Charts fliegen. Denn die kleinsten Schwankungen der Verkaufzahlen haben nun eine größere Auswirkung auf die Chartsplatzierung.

Jefferson Airplanes Dachkonzert

Wo wir schon gestern Woodstock ausgegraben haben, können wir auch gleich bei einer Band bleiben, die dort auftrat: Jefferson Airplane später Jefferson Starship und noch später Starship – auch bekannt als The Airplane. Sie gaben 1968 ein Konzert auf den Dächern Manhattans; zugegeben ein kurzes Konzert, da die Polizei sie abführt. Aber: Free Music! Free Love!

[youtube XLRX7bZH41g]

[via Nerdcore]

Industry kills music

Date: 12 Oct 2002 19:14:52 GMT
From: soundjunkie
Newsgroups: de.comp.audio
Subject: Offener Brief an Universal-Kopierschutz.de

Liebe Kopierschuetzer der Universal, die Ihr hier von mir stellvertretend fuer andere Hueter des Rechts am digitalen Klangeigentum angeschrieben werdet: Ihr habt sicherlich nicht erwartet, dass diese Mailadresse fuer Begeisterungsausbrueche genutzt wird. Warum soll man es auch als Fortschritt empfinden, seine Lieblingsband nicht mehr ohne Qualitaetseinbussen im Player seiner Wahl hoeren zu koennen?

Das geschieht selbstverstaendlich in der edlen Absicht, die Interessen Eurer Kuenstler zu schuetzen – eine Tradition der Musikindustrie, fuer die besonders die Majors geschaetzt werden. Ich bin geradezu dankbar dafuer, dass der Universal-Kopierschutz ueberhaupt das Abspielen des kostspieligen Silberlings am Computer erlaubt.

Ich weiss, Ihr geht durch harte Zeiten. Umsaetze brechen weg, der Mutterkonzern taumelt. Die Labels werden neu strukturiert und manche haben den Umzug nach Berlin noch nicht verkraftet. Da troestet auch der wunderschoene Blick ueber die Spree nicht, den Ihr aus Eurem schicken Wasserpalast geniessen koennt. Gestattet mir trotzdem, den Stolz auf Euer hauptstaedtisches Firmendomizil mit Euch zu teilen – schliesslich habe ich jahrelang etwas dazugegeben.

Um mit Heine zu sprechen: Ich fuerchte, ich gleite aus dem suessen Gewaesser des Lobes unversehens ins bittere Meer des Tadels. Verbale Entgleisungen bitte ich a priori zu entschuldigen – Musik ist nun mal eine emotionsgeladene Angelegenheit.

Mein Vorwurf lautet, dass das Lamento um CD-Brenner und Internettauschboersen lediglich ein Vorwand ist, um schlussendlich das Recht auf die private Kopie grundsaetzlich auszuhebeln. „Pay-per-listen“ – das ist Euer Wunschtraum: Jeder Abspielvorgang kostet ein paar Microcent und nach vier Wochen muss die Basislizenz erneuert werden. Die Kundenabspeisung funktioniert vertriebskostensenkend ueber das Internet, waehrend der Preis pro Song sich nur unwesentlich vom anteiligen Verkaufspreis eines Longplayers unterscheidet. Die tauben Tekknokids koennen den Frequenzgang verlustbehafteter Kompressionsverfahren sowieso nicht von der ohnehin eingeschraenkten Samplingqualitaet einer CD unterscheiden. Die Kroenung des Ganzen waere dann eine Copyright Taskforce a la Zollfahndung, die spontan Festplatten und mobile Abspielgeraete nach Tracks ohne Wasserzeichen durchkaemmen darf. Soweit die Unterstellung.

In Wirklichkeit ist die Krise der Musikindustrie hausgemacht und hat mit Hobbybrennern und Netztauschern wenig zu tun. Um es kurz zu machen: Ihr produziert seit Jahren zuviel Schrott mit immer kuerzerer Halbwertzeit zu steigenden Kosten. Massengeschmack statt Innovation, Hochglanz statt Inhalt, Banalitaet statt Werte. Die Abspielgehilfen aus Funk und Fernsehen haben ihre Programme stromlinienfoermig an Eure Vorgaben angepasst und werden mit Interviewreisen, Freiexemplaren und Backstage-Paessen bei Laune gehalten. Eine inflationaere Schar von Musikmagazinen rezensiert noch den letzten Schund, weil die betreffende Company Anzeigen oder gar das Cover bezahlt hat.

Gleichzeitig werden von Euren mundfertigen, aber von Fachkenntnissen gaenzlich unbelasteten Wichtigtuern Unsummen bei Produktion und Promotion versenkt. Da werden Tagespauschalen an Tonstudios gezahlt, die laengst nicht mehr marktueblich sind. Es werden suendhaft teure Videos gedreht, die keine Station zeigen will. Mit der Giesskanne werden Promopaeckchen uebers Land verspritzt; begleitet von kryptisch-feuilletonistischen Bandinfos, die offensichtlich von Schuelerzeitungsredakteuren morgens nach dem Abi-Ball verfasst wurden. Auf grosskotzig gebuchten Tourneen spielen enttaeuschte Kuenstler vor leeren Hallen, verdienen sich gierige Catering-Unternehmen eine goldene Nase, rollen Nightliner zu Mondpreisen und tummeln sich zahllose Mitesser mit glaenzenden VIP-Kaertchen am Halsband.

Meist laesst sich Gott sei Dank der komplette Kostenblock vom Einkommen der Kuenstler abziehen. Was aber, wenn man den Hungerleidern nichts mehr abziehen kann, weil der ganze Zirkus floppt? Nur drei Prozent aller Acts verdienen fast hundert Prozent des Firmengewinns, wie wir wissen. Ist das ein Marktgesetz oder ein Ausdruck von Unfaehigkeit?

Nun also liegt Eure Antwort auf den ganzen Schlamassel auf meinem Tisch und ich gebe zu, ich bin nicht amuesiert. Meine zentrale Musikstation ist mein Computer. Wozu einen separaten CD-Spieler kaufen, wenn der Rechner das Laufwerk gleich mitbringt ? Statt nach dem genuesslichen Auspacken das volle Klangerlebnis ueber meine hart ersparten Edelboxen zu hoeren, werde ich dazu genoetigt, einer unerwuenschten Software Zugriffsrechte auf meinem Computer einzuraeumen. Was dann ertoent, sind herunterkomprimierte Audiotracks in mp3-Qualitaet. Die originalen Wavefiles sind unzugaenglich. Der lausig programmierte Software-Player schluckt selbst im Ruhezustand fuenfmal mehr CPU-Leistung als der genuegsame Windows-Standardplayer. Apple-Computer, bekanntermassen die Lieblingsgeraete von Musikern auf der ganzen Welt, werden erst gar nicht unterstuetzt.

Werde ich dafuer in Zukunft 17 Euro ausgeben? Nein. Ich fuehle mich bestraft von einer Branche, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat. Die reformunwillig und reaktionaer und deshalb in ihrer jetzigen Form rechtmaessig zum Untergang verurteilt ist. Liebe Musikfreunde in den Verwaltungsetagen der Plattenkonzerne: Falls Ihr es noch nicht bemerkt habt – das Zeitalter der Dampfmaschine ist angebrochen. Segelschiffe und Pferdefuhrwerke werden bald nur noch von Nostalgikern benutzt. Sogar das gemeine Volk kann sich eine Fahrt mit der Eisenbahn leisten. Will heissen: Segelflicker und Kutscher werden nicht mehr gebraucht.

Haette es mp3-Files und CD-Brenner nicht gegeben, haette ich meine achtjaehrige Musikkonsum-Abstinenz nicht beendet. Weil formatierte Radioprogramme laengst nicht mehr als Informationsquelle fuer neue Musik dienen, haben Audiofiles und Kopien von Freunden meine Ohren wieder fuer zeitgenoessische Popmusik geoeffnet. In den letzten vier Jahren habe ich so viele Original-CDs angeschafft wie im ganzen vorhergehenden Lebensabschnitt zusammen. Das war harte Arbeit. Meine Faustregel lautet: Eine Scheibe muss mindestens 12 Tracks haben, von denen die Haelfte mehr als zweimal gehoert werden kann. Wenn man dieser Regel folgt, kann man nur eine von zehn CDs kaufen.

Wenn ich eine CD kaufe, stimme ich ab: Ich will meine Favoriten in den Charts sehen, damit andere auf sie aufmerksam werden. Aus dem gleichen Grund moechte ich Freunden unkompliziert eine Kopie brennen oder meiner Stammkneipe eine Compilation basteln duerfen. Wenn sich dann nur ein Zuhoerer das Original oder ein Konzertticket kauft, hat sich die Muehe gelohnt. Auf die Art und Weise habe ich schon mehr Leute angefixt als jede Streifenbandanzeige im Stadtmagazin. Ich bin ein Ein-Mann-Streetteam im Auftrag des guten Geschmacks. Naja.

Was soll ich in Zukunft tun? Einen CD-Brenner und ein Crackprogramm beschaffen, das den Kopierschutz ignoriert? Dateien grundsaetzlich aus dem Netz ziehen? Den Minidisc-Recorder an den Kopfhoererausgang im Plattenladen anschliessen? Neue Scheiben nicht mehr kaufen, alte dafuer kopieren? Das Radioprogramm auf Festplatte mitschneiden lassen und hinterher sortieren? Was auch immer ich davon waehle, Plattenfirmen und Kuenstler werden mich als zahlenden Kunden verlieren.

Eine Armee schiesst in die falsche Richtung, weil der Generalstab keinen Schlachtplan hat – hit by friendly fire. So wird aus Kollateralschaeden ein Totalschaden. Die gewerbsmaessigen Piraten in Russland oder Asien, die es immer gegeben hat, werdet Ihr damit nicht beeindrucken. Aber Ihr werdet dafuer sorgen, dass Musik auf Schulhoefen und in Kinderzimmern noch weniger zum Thema wird als ohnehin.

Eure Umsatzeinbrueche sind Zeitzeichen. Waehrend es Euch noch vor kurzem praechtig ging, spuert Ihr nun die Wirkung von Rezession und Verunsicherung. Zusaetzlich konkurrieren Unterhaltungsformen wie Computerspiele und Spass- / Extremsportarten mit dem Musikhoeren. Funktelefone, Tattoos und Markenklamotten kosten Geld. Bildung und Kultur verlottern pisamaessig, die Aufmerksamkeitsspanne der Kids hat sich dramatisch verkuerzt. Drei Jahre Gitarre lernen? No way. Die Musikindustrie hat es vorgemacht: Sampling und Recycling funktionieren praechtig, wozu fuer eigene Ideen schwitzen? Wer als Erwachsener die Charts beobachtet, fuehlt sich an seine Kindheit erinnert. Coverversions von Elvis, den Bee Gees und Joan Jett loesen einander ab; alte Helden wie Groenemeyer retten die EMI vorm Bankrott, Stones und U2 spielen Rekordsummen ein, ein zipfelbaertiger Peter Gabriel spielt altersmilde laechelnd Jungspunde an die Boxenwand. Der Gipfel der Altstoffverwertung ist das aktuelle Cover vom Lagerfeuerheuler „House Of The Rising Sun“.

Eine Industrie mit Zukunft? Schrumpft in Wuerde.
Soundjunkie

P.S. Ihr werdet mir nachsehen, dass ich meinen kleinen Aufsatz in einschlaegigen Internetforen veroeffentliche. Auch ich bin nicht frei von Eitelkeit und halte oeffentliche Aufmerksamkeit fuer den angemessenen Lohn meiner aufgewendeten Zeit.