Motivierte Mitarbeiter

Ist es nicht schlimm? Man geht morgens in den Supermarkt und bekommt an der Kasse erstmal ein freudestrahlendes „Guten Morgen!“ entgegen gefeuert. Noch halb im Schlaf erwidert man reflexartig „Moin“ und ist froh, wenn man die Kassiererin hinter sich gelassen hat, um seine eigene demotivierenden Einstellung zurück zur Wohnung zu schleppen, wo man ganz genüsslich und ungestört seinem Morgenmuffel-Dasein nachgehen kann. Besonders schön sind auch Anrufe von irgendwelchen Call-Centern. Man würde am liebsten sofort wieder auflegen. Man tut es aber nicht, weil der Anrufer einem das Gefühl vermittelt als bestünde sein einziges Lebensziel darin, diesen einen Anruf mit dir zu führen. Und weil das dein Ego poliert, bleibst du an der Strippe und nimmst an irgendwelchen Umfragen über Themen teil, die dich absolut gar nicht tangieren. Dein Gegenüber merkt das zwar, er bleibt aber freundlich, weil er ja dafür bezahlt wird, motiviert zu sein und Ergebnisse seinen Vorgesetzten zu präsentieren.
Ich würde gerne mal bei Wal-Mart arbeiten und vor meiner Schicht diese Motivationsübungen mitmachen. Ich glaube, die singen auch zusammen und fassen sich dabei gegenseitig an.

Wäre es nicht schön, wenn alle froh und munter wären? Wenn man das Gefühl hätte, dass man als Kunde nicht nur geschätzt, sondern geliebt wird? Ich würde nur noch einkaufen gehen, um mein Ego zu polieren, hätte wahrscheinlich meinen Schrank voll mit unnützem Zeug und wäre der glücklichste Mensch der Welt…

Gut, dass es anders ist:
Welcome To Hell Of The Logo-Ticketseller
Ihn als demotivierenden Typen zu bezeichnen, der einfach nur seinen Job hasst, wäre noch ein Lob. Ich bin froh, dass ich da lebend herausgekommen bin. Was passiert ist?
Nun, am 22.04. spielen die Monsters Of Liedermaching im Logo. Weil ich sie unbedingt mal live sehen will, stand für mich fest, dass ich da hingehen werde. Damit es aber ein netter Abend wird, habe ich ein paar Freunde angeschrieben, ob sie nicht mit auf’s Konzert wollen. Da ich die Karten für sie besorgen sollte, habe ich im Netz geguckt, wie teuer die Tickets sein sollen: 8 EUR, wenn man sie im Logo kauft, 9,35 EUR (inklusive VVK-Gebühr), wenn man sie im Netz bestellt. Bei 11 Karten schon ein gewisser Unterschied. Also bin ich heute Abend ins Logo gegangen, um mir die Karten zu holen. Ich machte mir Sorgen, weil dort ein Death-Metal-Abend stattfinden sollte, aber mit dunklen Gestalten mit langen Haaren hatte ich nie Probleme. Der Kassenraum ist ein recht kleiner Raum, in dem eine Gruppe von 5 Leuten stand. An der Kasse ein Mitarbeiter und an der Garderobe ein weiterer. Ich sagte zu ihm, dass ich Karten für das Monsters-Konzert am 22.04. kaufen will. Er meinte, dass das jetzt nicht möglich ist. Ich solle warten. Ich stellte mich zu den 5 Death-Metal-Freaks und wartete darauf, dass die Schlange von 3 Leuten abgearbeitet wird. Danach kramte er in der Kasse rum und holte einen Plan mit Konzerten und Preisen raus. Und meinte: „Ok. Monsters of Liedermaching.“ Es kamen wieder drei Leute von draußen rein. Er (mit bösem Blick und angedeuteten „Mann, Mann, Mann“): „Kannst du mal den Weg frei machen!!!“ Ich ging wieder zu den 5 Typen. Als die Schlange nicht mehr da war, meinte er irgendwas unverständliches zu mir. Ich: „Was denn?“ Er guckte nach unten und schüttelte den Kopf: „Wie viele Karten?“ Ich: „Elf!“ Es kamen wieder Leute von draußen rein und ehe ich mir deswegen erneut Anschiss hole, zog ich mich von der Kasse zurück. Irgendwann fing er wieder in meine Richtung an zu sprechen, und ich verstand lediglich Karten. Ich zu ihm also: „Was?“ Seine Reaktion… Ja, richtig. Nonverbale Übermittlung, dass er mich für jemanden hält, der offensichtlich schwer von Begriff ist. Er wiederholte das, was ich aufgrund lauter Musik und fünf quatschenden Leuten neben mir nicht verstanden hatte: „Kann ich die elf Karten auf einer aufschreiben?“ Ich: „Ja.“ Ich gab ihm 90 EUR, bekam 2 EUR und die Karte zurück und bin raus. Obwohls eigentlich nicht meine Art ist, war ich kurz davor ihm an Kopf zu werfen, dass es mir Leid tut, dass ich seine wertvolle Zeit in Anspruch genommen habe und nichts dafür kann, dass er diesen Job macht. Aber ich glaube, dann hätte ich die Karten nicht gekriegt.

Zumindest kann ich ihn verstehen, es muss schon sehr ätzend sein, begriffsstutzigen Hörgeschädigten etwas zu verkaufen. Ein furchtbares Leben, wenn andere einen nicht verstehen können, da ist es nur verständlich, dass man abstumpft und als verkanntes Genie seinen Job hasst. Ich wünschte alle Verkäufer wären wie er, dann würde man sich wenigstens immer ganz genau überlegen, ob man das, was man kauft, auch wirklich braucht!

Fight The System!

PS: Endlich weiß ich, warum der E-Commerce so boomt!

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